Volleyball-Regionalliga: Verletzungen, Hallen-Probleme, Unerfahrenheit – Aufsteiger Krostitz kämpft an vielen Fronten
Krostitz. Das Wesen des Experiments liegt darin, dass man nicht so richtig weiß, was passiert. Insofern liegt für den Beobachter die Faszination in der berüchtigten Dreifaltigkeit vor – während – danach. Die Regionalliga-Volleyballer des Krostitzer SV befinden sich gerade mitten in Phase zwei. Vor der Saison musste der Aufsteiger zwei schwerwiegende Abgänge verkraften, währenddessen kamen einige Verletzungen hinzu. Was danach geschieht, steht in den Sternen. Den Klassenerhalt hat die Mannschaft trotz magerer Bilanz nebst Abstiegsplatz längst nicht abgeschrieben.
Trainer André Quasdorf gibt den Motivator und versucht sich an einer Einordnung für Außenstehende: „Ich bin sportlich zufrieden. Man muss ja berücksichtigen, dass wir eigentlich unmögliche Voraussetzungen für die Regionalliga haben. Die Trainingszeiten sind jenseits von Gut und Böse, wir trainieren in einer kleinen Halle, spielen in der riesigen in Delitzsch. Also noch.“ Denn über allem schwebt die Hoffnung auf den baldigen Umzug in die neue Bleibe in Krostitz. Mit etwas Glück kann die Mannschaft im März den Standort wechseln und endlich wieder Heimspiele austragen, die den Namen auch verdienen. „Dadurch sind uns jetzt schon ein, zwei Siege flöten gegangen“, merkt Quasdorf süffisant an.

Dabei vergällen genug andere Faktoren der Mannschaft die Laune. Beispielsweise Verletzungen. Neuzugang Dominic Thom erwischte es schon nach zwei Spielen, seitdem fällt der Diagonalangreifer wegen Nervenproblemen aus. Zudem steht mit Moritz Klette nur ein Zuspieler zur Verfügung. Der macht sein Ding zwar durchaus gut, doch ohne Alternative wird auch der beste Steller irgendwann ausrechenbar. Zudem müssen sich die beiden Liberos André Apel (kam vor der Saison aus Borna) und Talent Nils Planer noch mit dem Viertliga-Niveau anfreunden. Zudem mussten Spieler immer wieder ihre angestammte Position verlassen und auf ungewohntem Terrain agieren. Die vielen Umstellungen brachten entsprechende Unruhe – und in den entscheidenden Phasen Rückschläge. „Wir haben oft bis 22, 23 mitgehalten und dann ging nicht mehr viel. Da merkst du, dass die Spieler heranwachsen müssen“, erklärt Quasdorf die Krux.
Was mit der knappen Fünfsatzniederlage gegen den VC Dresden II begann, mündete recht schnell in Ernüchterung. Sieben der zehn Spiele endeten 0:3. Was auf den ersten Blick nach Blitz‑K.o. aussieht, war oftmals in den einzelnen Sätzen wesentlich enger. Und wie wir alle wissen, ist Volleyball zu großen Teilen ein Psycho-Spielchen. „Wenn du den ersten Satz gewinnst, ist das wie ein Büchsenöffner. Dann bist du richtig drin. Gelingt dir das jedoch nicht, schleppst du das wie einen weiteren Rucksack mit“, erzählt Quasdorf.
Zwei Mann, die in der vergangenen Saison reichlich Last auf ihren Schultern trugen, sind im Sommer abgewandert und werden seitdem schmerzlich vermisst. Julius Fritsche und Christian Koch. „Klar fehlen uns Julius und Christian an allen Ecken. Das wären Unterschiedsspieler gewesen. So müssen wir auf einigen Positionen mit Leuten auskommen, die nicht 100-prozentiges Regionalliga-Niveau haben“, gibt der Coach zu. Weil das so ist, haben die Krostitzer durchtrainiert. Selbst an den beiden Weihnachtsfeiertagen und Silvester bat „Quasi“ auf die polierte Platte. Das Selbstbewusstsein ist ihm dennoch nicht abhanden gekommen. „Wir gucken nicht auf den Gegner. Wenn alle da und fit sind und ihre Leistung abrufen, können wir jeden schlagen.“ Aber dazu müsse man auch mal mehrere Spiele lang den Stammsechser beisammen haben. Das ist doch ein guter Vorsatz für das erste Spiel anno 2019 am kommenden Sonnabend (18.30 Uhr, MZH Delitzsch) gegen den Tabellendritten Dresdner SSV. Aber natürlich haben sie beim KSV auch schon das Szenario Abstieg durchgespielt. Schließlich fehlen momentan vier Punkte zum rettenden Ufer. „Wir wollen den Kampf so lange wie möglich offen halten“, kündigt Quasdorf an. „Uns bricht aber auch kein Zacken aus der Krone, wenn wir absteigen. Sollte es nicht reichen, fällt die Mannschaft nicht auseinander. Dann greifen wir nächste Saison wieder an.“ Das Experiment-Szenario für „danach“ liegt also schon in der Schublade. Freilich ist es noch nicht spruchreif.

(Johannes David, LVZ, 10.01.2019)